Seltsam einen Brief von einem Fremden zu bekommen, nicht wahr? Ich kann mir nur im Ansatz vorstellen, was das für ein Gefühl sein muss. Aber es wäre nicht richtig, dir auf Facebook zu schreiben. Eine SMS erschien mir ebenso unpersönlich. Woher hätte ich auch deine Nummer haben sollen? Also schreibe ich dir einen Brief. Ich setze mich an meinen alten Schreibtisch, den ich heute von seinem Rechnungsstapel befreit habe, und versuche mein Herz auf dem linierten Papier auszuschütten. Altmodisch ist das vielleicht, klassisch sowieso, aber es ist eben auch ein Zeichen unserer Zeit. Den Umschlag werde ich in dein Büro legen und hoffen, dass er dich an der richtigen Stelle deines Herzens erreicht. Du darfst diesen Brief zerreißen oder in einer Schublade aufbewahren. Natürlich kannst du mir auch jederzeit antworten, die Adresse lege ich bei. Ich will nur, dass du weißt: An mir gehen Tag für Tag Hunderte von Menschen vorbei. Es ist mir unmöglich, jeden Einzelnen davon zu registrieren. Manche lächle ich an, andere streife ich. Andere ziehen weiter, als hätte es sie nie in meinem Universum gegeben. Aber bei dir? Bei dir war alles anders. Ein Blick, ein Austausch unserer Gedanken, ein Moment für alle Zeiten. Als hätte der Tag nur angefangen, damit wir uns begegnen. Das Blau deiner Augen konnte ich bis heute nicht vergessen. Seitdem ist alles anders. Vielleicht werden wir uns nicht wiedersehen. Vielleicht lachst du mich aus. Vielleicht habe ich dich auch berührt. Jedenfalls würde ich mich freuen, wenn du dich bei mir meldest. Meine Tür steht dir offen.